5. Klasse Skript 1: Pädagogik und allgemeine Didaktik

Die 5. Klasse war schon immer und ist auch weiterhin in pädagogischer und didaktischer Hinsicht eine sehr große Herausforderung für die Biologie-Lehrkraft. Dieses Skript, das sich vorwiegend an Berufsanfänger richtet, listet die spezifischen Probleme dieser Jahrgangsstufe auf und bietet Lösungsansätze an. Dennoch findet auch die erfahrene Lehrkraft inmitten vieler bekannter Aspekte die eine oder andere neue Idee.

Themenübersicht:

Von der Grundschule ins Gymnasium

Welche Persönlichkeiten kommen in die fünfte Klasse?

Wer selbst noch keine eigenen schulpflichten Kinder hat(te), tut sich schwer mit der Einschät­zung, wo er seine frisch gebackenen Fünftklässler abholen muss. Etliche sind noch nicht ein­mal zehn Jahre alt, manche noch recht unselbständig, naiv, verspielt und langsam. Andere dagegen sind recht pfiffig und haben in den vier Jahren Grundschule noch nie ernsthaft arbei­ten müssen, weil sie so unterfordert waren. Manche Bubengangs kennen sich schon seit der Krabbelgruppe und kommen nicht mit der Einstellung, dass sie jetzt als die „Neuen“ in ein neues Revier kommen, sondern vielmehr, dass sich das Gymnasium samt seiner Lehrkräfte gefälligst an sie, die etablierte Gruppe, anzupassen habe. Manche fragen noch lange bei jeder Kleinigkeit nach: „Meine Patrone ist aus, was soll ich jetzt tun?“ – „Mit welcher Farbe soll ich das unterstreichen?“ Diese unerwünschten Meldungen geschehen teils aus Unselbständig­keit, teils aber nur, um Zuwendung zu erhalten. Manche wollen sämtliche Erfahrungen aus ihrem privaten Bereich in epischer Breite erzählen (man braucht viel Fingerspitzengefühl, um zu wissen, wann man keine neuen Beiträge mehr annehmen will: „Jetzt noch zwei Meldun­gen, dann ist Schluss!“). Man muss von Anfang an daran arbeiten, dass die Schüler nicht end­los lange brauchen, bis sie im Biologiesaal angekommen sind (sie packen erst umständlich alle Sachen ein, ziehen im Winter auch noch alle Kleidungsstücke an und manche „müssen“ der Lehrkraft der Vorstunde unbedingt noch etwas ganz Wichtiges erzählen oder sich mit Handschlag verabschieden), dass sie nicht nach Stundenbeginn noch etwas trinken oder auf die Toilette müssen und dass sie sich nach Unterrichtsende zügig in den Raum der Folgestun­de zu begeben haben. Die überwiegende Mehrheit der Klasse sollte bis Weihnachten im Gym­nasium angekommen sein, die hartnäckigeren Fälle bis zum Ende des Schuljahres.

Was bringen die Kinder aus der Grundschule mit?

Der LehrplanPLUS für die Grundschule ist erheblich verbindlicher als sein Vorgänger. Trotz­dem kann nicht jede Grundschulklasse die gleichen Ergebnisse erzielen, denn das hängt von vielen äußeren Umständen ab, z. B. dem Anteil an Schülern, die ohne oder mit zu wenig Deutsch­kenntnissen eingeschult wurden, oder dem Anteil an Schülern, die zuhause zu wenig Unterstützung erfahren (die Eltern sollen nicht Lehrer spielen, aber sie sollen für eine dem Lernen förderliche Atmosphäre und Umwelt sorgen und sich für das schulische Fortkommen ihres Nachwuchses interessieren).

Bei aller Heterogenität bringen die Schüler, die aus der 4. Klasse Grundschule kommen, aber eine Reihe von Kenntnissen und Fertigkeiten mit, auf die man sich in der Regel verlassen kann:

  • Sie können lesen, vorlesen, schreiben (mit der neuen Schreibschrift, die nicht immer gut zu entziffern ist; die Lehrkraft sollte das kleine z mit Unterlänge schreiben und den Schü­lern die eigene Schreibweise des kleinen t explizit demonstrieren), sie beherr­schen die vier Grundrechnungsarten, kennen Zahlen bis zu einer Million (beherrschen sie aber nicht unbedingt), die Längenmaße (wobei viele allerdings davon überzeugt sind, dass ein Meter 1000 Zentimeter enthält), die Zeit- und die Geldeinheiten, nicht aber Dezimal­brüche, d. h. Zahlen mit Kommastellen (außer beim Geld) oder Prozentzahlen.
  • Meistens sind sie zu einer sauberen und selbständigen Heftführung erzogen (weshalb v. a. manche Mädchen endlos für ein paar Zeilen Hefteintrag brauchen, weil sie so sorgfältig arbeiten und dabei so viele verschiedene Glitzerstifte einsetzen wollen) und wissen eigentlich genau, wie sie sich in einer Lerngruppe zu verhalten haben.
  • Schülerzentrierte Sozialformen wie Partner- oder Gruppenarbeit wurden in der Regel intensiv eingeübt.

Was ist für die Kinder neu am Gymnasium?

Manche Kinder (auch manche Eltern) brauchen ziemlich lange, bis sie verstanden haben, dass das Gymnasium anders funktioniert als die Grundschule. Alle kämpfen in der ersten Zeit mit der teilweise dramatischen Umstellung, die meisten kommen aber nach spätestens zwei, drei Monaten gut damit klar. Um die anderen muss man sich mehr oder weniger intensiv küm­mern, was bisweilen sehr viel Unterrichtszeit (und Nerven) kosten und in schweren Fällen individuelle Elterngespräche erfordern kann.

  • Fachlehrer-System: In der Grundschule wurden nur wenige Stunden von Fachlehrkräf­ten gehalten, Unterricht und pädagogische Betreuung lag die weitaus meiste Zeit in den Händen der Klassenlehrerin, die von den Kindern als Klassenmutter empfunden wurde (männliche Grundschullehrer sind mittlerweile leider zur absoluten Ausnahme gewor­den). Im Gymnasium gibt es nur noch die Klassenleiter-Rolle, die damit aber nicht ver­gleichbar ist. Dazu kommt, dass die Schüler sich jetzt auf ziemlich viele, oft ganz unterschiedliche Fachlehrer einstellen müssen. Deshalb ist es wichtig, dass das Lehrer-Team der Klasse möglichst einheitliche Abmachungen und Gepflogenheiten vereinbart und Probleme zeitnah miteinander bespricht (das benötigt oft nicht mehr als 5 Minuten).
  • Areal: Meist ist das Gymnasium ganz erheblich größer als die Grundschule, was zu­nächst zu Orientierungsproblemen führt (also veranstaltet die Klassenleitung sehr früh eine Schulhaus-Rallye; als Biologielehrkraft holt man seine fünfte Klasse zur ersten Stunde persönlich von deren Klassenzimmer ab und macht sie auf die wichtigsten Landmarken auf dem Weg in den Biologiesaal aufmerksam).
  • Gruppendynamik: Die Schüler kommen aus einer Gemeinschaft, die meist vier Jahre lang Bestand hatte, und befinden sich jetzt in einer bunt zusammengewürfelten Gruppe aus mehreren Grundschulen, in der ggf. auch Wiederholer aus der letzt­jährigen fünften Klas­se sitzen. Das führt natürlich zu Rangordnungs-Kämpfen und einer anfangs recht lebhaften Sozialdynamik. Spätestens bis Weihnachten sollte dies aber erledigt sein (in Ausnahmefällen kann das aber auch wesentlich länger dauern). Eine früh stattfindende gemeinsame Klas­senfahrt (Schullandheim) beschleunigt den Konsolidierungs­vorgang enorm. Diese Problematik hat zunächst Vorrang, denn eine halbwegs stabile Gruppen­dynamik ist Voraussetzung für eine gedeihliche Unter­richtsatmosphäre.
  • Das Arbeitstempo ist generell am Gymnasium höher als in der Grundschule. Die Um­stel­lung braucht aber ihre Zeit, so dass man in den ersten zwei, drei Monaten noch sehr langsam vorankommt (auch, weil man in dieser Phase sehr nachdrücklich darauf achten muss, dass sich die Schüler an die Gepflogenheiten halten, z. B. ihre Sachen dabei haben und auf dem Tisch bereit legen, zum Grüßen aufstehen, nur reden dürfen, wenn sie aufgerufen sind, dass Überschriften hervorgehoben werden, das Datum am Heft­rand steht usw. und dass sie die allgemeinen sozialen Regeln einhalten, die üblicher­weise die Klassenleitung am Anfang des Schuljahres mit ihnen formuliert hat). Dieser Zeitbedarf in den ersten Wochen ist bei der Verteilung der Unterrichts­themen über das Schuljahr zu berück­sichtigen.
  • Die mündlichen Leistungserhebungen wie Rechenschaftsablage oder Unterrichtsbei­trag erfordern intensivere häusliche Vorbereitung als in der Grundschule. Zuhause lernen bedeutete in der Grundschule oft nichts anderes, als den Hefteintrag auswendig zu lernen. Deshalb ist es wichtig, den Schülern (mehrmals) zu erklären, wie sie im naturwissenschaftli­chen Fach lernen sol­len (am besten: Wenn man den Stoff gelernt hat, diesen bei ge­schlossenem Heft in ganzen, zusammenhängenden Sätzen laut erklären – der Mama, dem Teddybären oder der Wand). Schüler, die in der Grund­schule kaum Zeit für häus­liche Vorbereitungen aufgewendet haben, müssen lernen, dass sie sich ab jetzt ernst­haft vorbereiten müssen. Am besten ist ein ausführlicheres fächerübergreifendes Pro­gramm „Lernen lernen“. Bisweilen erfordert es auch mehrere Anläufe, bis alle Schüler (und ihre Eltern) ver­standen haben, dass sich unangekündigte Prüfungen über den Stoff der letzten beiden Unterrichtsstunden plus Grundwissen erstrecken und auch die Anwendung des neuen Wissens auf unbekannte Sachverhalte umfassen. So ein Trans­fer muss deshalb zuvor im Unterricht ständig eingeübt wer­den.

Link: Folie „Lernen lernen“ im „Lernfach“ [word] [pdf]

  • Die schriftlichen Prüfungen waren an der Grundschule in der Regel angesagt. Man muss die Schüler wiederholt darauf vorbereiten, dass eine Stegreifaufgabe nicht ange­sagt wird und dass darin auch Transferaufgaben vorkommen (etwa die Übertragung des Wissens über das menschliche Extremitätenskelett auf andere Säugetiere). Um die Schüler auf die Anforderungen im naturwissenschaftlichen Unterricht (dazu gehört in der fünften Klasse neben Biologie auch die Geographie => fächerübergreifende Zu­sammenarbeit!) gut vorzubereiten, ist es sinnvoll, sie vor der ersten schriftlichen Prü­fung die gymnasialen Aufgabenformate einschließlich ihrer Operatoren (ich nenne sie in der Unterstufe: Aufgabenwörter) üben zu lassen (vgl. die Skripten zur Übungs-Steg­reifaufgabe und den Aufgabenwörtern). Vor allem die Anforderungen in Transfer­auf­­gaben müssen den Schülern wie auch ihren Eltern klar gemacht werden.

Link: Einführung von Operatoren („Aufgabenwörter“) mit Übungsaufgaben [word] [pdf]

Link: Übungs-Stegreifaufgabe zur Einführung dieses Prüfungsformats [word] [jpg] [pdf aus scan]

  • Notenskala: Die meisten Schüler, die auf das Gymnasium übertreten, hatten in der Grundschule sehr gute bis mittlere Noten. Jetzt sind die Besseren unter sich, aber jetzt wird auf sie die gesamte Notenskala angewendet, so dass im Gymnasium etliche Schü­ler zum ersten Mal in ihrem Leben auch schlechte Noten bekommen. Das führt bei Schü­lern wie Eltern zu Enttäuschung und Verunsicherung, die aufgefangen werden müs­sen. Man könnte im Vorfeld insofern darauf reagieren, indem man im ersten Halb­jahr noch keine gymnasialen Maßstäbe anlegt. Der Nachteil dieser Methode ist, dass es für die Schüler dann sehr schwer ist zu bemerken, ab wann der höhere Maßstab gilt. Deshalb lege ich persönlich von Anfang an – mit Augenmaß – gymnasiale Maßstäbe an und nehme in Kauf, dass in der ersten Stegreifaufgabe auch die Noten 5 und 6 vorkommen. Diese Problematik sollte den Schülern auseinandergesetzt werden, aber auch deren Eltern am ersten Klas­senelternabend. Da in der 5. Klasse die Jahresnote in Natur und Technik aus mindestens sechs Leistungsnachweisen gebildet wird, ist eine einzelne schlechte Note gut zu verkraften.
  • Das Sprachniveau der Fünftklässler wird von manchen Gymnasiallehrkräften (wie auch von manchen Lehrbuchautoren) überschätzt. Der Grundwortschatz im Lehrplan­PLUS der Grundschule besteht vor allem in germanistischen Prinzipien und umfasst keine Wort­liste mehr (der Katalog der Grundwissenwörter im Vorgänger-Lehrplan listete am Ende der vierten Klasse gerade einmal 700 Wörter auf, darunter nur wenige Fremd­wörter). Vor allem im ersten Halbjahr verwendet man deshalb nur einfache Wörter (und auch bei denen muss man sich vergewissern, dass alle verstehen, was gemeint ist, auch die Schüler mit Migrationshintergrund), sehr einfachen Satzbau (Hauptsätze) und achtet vor allem bei schriftlichen Prüfungen auf eine sehr einfache, plakative Aufgabenstellung (kein Hauptwortstil, möglichst wenige Nebensätze). Statt „Struktur und Funktion“ also zunächst besser: Aufbau und Aufgabe (es sei denn, die Einführung dieser beiden Fremdwörter wird als eigenes Feinlernziel behandelt). Gleich­zeitig werden in Biologie neue Begriffe eingeführt, auch Fremdwörter, und ihre Recht­schrei­bung, das grammatikalische Geschlecht und ggf. Beson­derheiten der Konjuga­tion bzw. Deklination sowie der Wortherkunft (Etymologie) besprochen. Dies alles wird als Hefteintrag gesichert und dann auch in Prüfungen verlangt. Im ersten Halbjahr ist es sinn­voll, die grammatikalischen Begriffe sozusagen zweisprachig zu verwenden („Wel­ches Eigenschaftswort, welches Adjektiv passt hier?“ – „Ich möchte dafür jetzt ein Dingwort, ein Nomen haben und zwar mit Begleiter, mit Artikel.“)
  • Das Durchhaltevermögen der Fünftklässler ist anfangs noch recht gering. Deshalb kann man selten 45 Minuten in einem Zug unterrichten, sondern muss die Stunde in kleine Häppchen von 5 bis 10 Minuten artikulieren, nach denen am besten gleich eine Teilsicherung erfolgt. Etwa alle 10 bis 15 Minuten muss eine kleine Verschnaufpause eingebaut werden (zeichnen lassen, Partnergespräch usw.). Dabei ist aber von Anfang an streng auf Disziplin zu achten, weil die Schüler sonst nicht wissen, wie sie sich ver­halten sollen. Unaufgeforderte Wortbeiträge dürfen nicht geduldet werden. Der Heft­eintrag sollte auch deshalb in kleinere Häppchen unterteilt werden, weil manche Schüler nicht lange am Stück schreiben kön­nen.
  • Auszeit: In der Grundschule hatten die Schüler meist eine Spielecke, in die sie gehen durften, wenn ihnen der Unterricht zu viel wurde. Im Gymnasium gibt es die nicht mehr. Manche Schüler versuchen daher in den ersten Schulwochen, das Krankenzim­mer für diesen Zweck zu missbrauchen.

Allein die Länge dieser Liste zeigt, wie schwer es für die Fünftklässler (und ihre Lehrkräfte) sein kann, den Übergang auf das Gymnasium gut zu bewältigen. Vor allem die zuverlässige Schaffung einer gedeihlichen Arbeitsatmosphäre kann anfangs sehr viel Unterrichtszeit bin­den. Zum Glück geht der Biologie-Lehrplan von nur 1,5 Wochenstunden aus, während in den meisten Schulen 2 Wochenstunden zur Verfügung stehen. Aber selbst dann kann die Zeit gegen Ende des Schuljahres noch knapp werden.

Pädagogisches Arbeiten in der fünften Klasse

Soziale Gruppe: Die Kinder kommen direkt aus der Grundschule, also aus Klassen, die in etwa gleicher Zusammensetzung vier Jahre lang beisammen waren. Im Gymnasium muss sich die Klassengemeinschaft erst neu bilden. Das geht nicht ganz ohne Aggressionen ab. Bis Weihnachten sollte sich die Situation aber im Wesentlichen beruhigt haben, ansonsten müssen einmal ein, zwei Stunden für die Soziodynamik verwendet werden (Klassenleitung kontak­tieren). Von der ersten Minute ab ist konsequent auf Disziplin zu achten, vor allem wenn die Klasse groß ist. Rituale erleichtern das Erreichen einer disziplinierten Arbeitshaltung (keiner steht am Pult, jeder ist auf seinem Platz und hat seine Materialien hergerichtet, Gruß-Ritual mit Aufstehen; nach Grüßen und Setzen ist absolute Ruhe; wer beim Ausfragen etwas nicht beantworten kann, darf einen Mitschüler aufrufen …). Zwei, drei verhaltensauffällige Schüler pro Klasse sind üblich, aber auch eine deutlich größe­re Anzahl kommt vor und bindet dann sehr viel Energie und Zeit. Um pädagogische Maß­nahmen abzu­stimmen (aber auch, um sich gegenseitig zu stützen und ggf. zu trösten), ist es sinnvoll, dass das Team der Lehrkräfte in der Klasse eng zusammen arbeitet (z. B. durch eher seltene Tref­fen, aber zeitnahe Kommunikation über die elektronischen Medien). Bei den teil­weise sehr hohen Übertrittsquoten an das Gymnasium v. a. im städtischen Bereich ist es nicht verwunderlich, wenn sich beim einen oder anderen Schüler herausstellt, dass er am falschen Schultyp ist. Einer solchen Vermu­tung ist konsequent und im Klassenlehrerteam nachzu­gehen, damit man die Eltern möglichst frühzeitig entsprechend beraten kann.

Einstellung: Manche Kinder gehen mit großer Anspannung ins Gymnasium und sind sich nicht sicher, ob sie den Anforderungen auch gerecht werden. Denen muss man Mut zusprechen und sie deutlich bestätigen, wenn sie etwas Gutes geleistet oder sich zumindest bemüht haben. Andere Kinder machen sich den Übergang garnicht bewusst, vor allem, wenn sie als starke Gruppe aus der Grundschule ans Gymnasium übergetreten sind. Denen muss man klar machen, dass übertriebenes Selbstbewusstsein über kurz oder lang zum Misserfolg führt. Be­sonders die guten ehemaligen Grundschüler sind oft ohne oder mit nur wenig Hausaufgaben ausgekommen und manche von ihnen glauben, das ginge so weiter. An manchen Grundschu­len wird das Bestehen des Übertritts aufwendig gefeiert („Grundschul-Abitur“ bis „Grund­schul-Promotion“ mit Doktorhüten!), so dass bei unbedarften Kindern der falsche Eindruck entstehen kann, die größte Hürde ihres Lebens bereits hinter sich zu haben.

Dazu sagt Stephen Hawking:

„Der größte Feind des Wissens ist nicht Unwissenheit, sondern die Illusion, wissend zu sein.“

Arbeitstempo: Am Anfang schreiben viele Fünftklässler noch sehr, sehr langsam => Heftein­träge knapp halten (aber trotzdem vollständig und unmittelbar verständlich; Kriterium: Die Eltern sollen aus dem Hefteintrag den Unterrichtsinhalt verstehen können.). Zunächst nicht mehr als ein paar Zeilen nacheinander schreiben lassen, den Hefteintrag in mehreren Häpp­chen vornehmen. Vor allem die Mädchen verlieren sich gern in spielerischer Ausformung des Hefteintrags. Hier sanft, aber bestimmt einbremsen; am besten von vorneherein festlegen, dass im Heft nur mit Füller geschrieben wird nicht mit Filzstift, nicht mit Glitzerstift. Fünftklässler melden sich meist sehr gerne. In den oft sehr großen Klassen kann man diese Meldungen aber bei weitem nicht abarbeiten. Das muss der Klasse erklärt werden, denn sonst meint der eine oder andere Schüler, er wird nicht gemocht, wenn er nicht aufgerufen wurde. Und die Schüler erzählen sehr gerne ausschweifende Geschichten mit völlig unwichtigen Nebenaspekten zu irgendeinem Stichwort, das sie dem Unterrichtsgespräch gerade entnom­men haben. Es muss möglichst schnell erreicht werden, dass die Schüler gezielt auf den Impuls der Lehrkraft antworten sollen und alles, was nicht dazu gehört, weglassen. (Nicht nur, damit der Unterricht besser voran kommt, sondern weil dies eine bedeutende Qualifi­kation für das Leben ist.) Außerdem haben noch viele Schüler Probleme, ihre Gedanken in sinnvollen Sät­zen auszudrücken (sie fangen dann immer wieder von vorne an oder hören mitten im Satz auf, wenn sie keine passenden Wörter finden). Hier helfen Methodenwerk­zeuge wie Wortlisten oder Wortgeländer (mit denen Worte und Satzkonstruktion vorgegeben werden). Bleibt der Schüler stecken, weil ihm ein Alltagswort nicht einfällt, hilft eine neutrale (also nicht korrigierend oder gar wertend gemeinte) Nennung dieses Wortes weiter. (Vgl. dazu die Veröffentlichungen von Josef Leisen zu sprachsensiblem Unterricht).

Selbständigkeit und Selbstverantwortung wird den Schülern im Gymnasium in wesentlich höherem Maß abverlangt als in der Grundschule (Grundschulklassen sind ganz erheblich kleiner als gymnasiale fünfte Klassen und können deshalb erheblich intensiver betreut wer­den), z. B. in folgender Hinsicht:

    • Pünktlichkeit (v. a. beim Raumwechsel)
    • Gruppendisziplin (Gesprächsregeln, freundlicher Umgang miteinander usw.)
    • Ordnung (Heft, Schreibzeug, Portfolio, Hausaufgabenheft, ggf. Buch bereitlegen)
    • Hausaufgabe zuverlässig ins Hausaufgabenheft schreiben usw.

Deshalb liegt auch im Biologieunterricht der Schwerpunkt in den ersten Wochen auf der Umstellung von der Grundschule auf die Anforderungen des Gymnasiums. Erst wenn gute Arbeitsdisziplin und -atmosphäre herrschen, kann der Fachunterricht verstärkt einsetzen. Am Anfang werden Regeln und Möglichkeiten festgelegt (z. B. Überschriften alternativ her­vor­heben durch Großbuchstaben, größere Schrift, Verwendung von Farbe, Unterstreichen mit Lineal), bald aber entscheidet jeder Schüler innerhalb des vorgegebenen Rahmens selbst über die Gestal­tung seiner Aufzeichnungen. Nicht zu viele Fragen zur Gestaltung zulassen! Bis Weihnachten sollten fast alle Schüler ein angemessenes Schreibtempo entwickelt haben.

Zur ersten Stunde im Fachraum wird die Klasse im Klassenzimmer abgeholt, wich­tige Landmarken auf dem Weg dorthin werden gezeigt, denn Fünftklässler verlaufen sich gerne mal in den großen Schulhäusern. Im Winter brauchen die Kinder oft lange, bis sie kommen bzw. den Biologiesaal verlassen, weil sie nicht nur die Schultasche einräumen, sondern auch alle Win­tersachen anziehen müssen, damit die nicht liegen bleiben. Diese Zeit einplanen!

Fünftklässler gehen am Anfang der Stunde gerne ans Pult, um persönliche Zuwendung von der Lehrkraft zu erhalten. Von Anfang an unterbinden: Jeder geht auf seinen Platz, richtet seine Sachen her, dann wird begrüßt, dann kann sich jeder melden, der etwas Wichtiges zu sagen hat (z. B. dass er sein Heft vergessen hat). Während der ersten schriftlichen Prüfungen melden sich die Schüler oft; selten geht es dabei aber um echte Fragen. Also bereits vorher klar machen, dass das nicht geht. Nur wer eine dringende, echte Frage hat, darf sich melden. Ist ein Schüler mit Legasthenie oder Lese-Rechtschreib-Schwäche in der Klasse, empfiehlt es sich, den gesamten Prüfungstext sorgfältig vorzulesen und die Schüler erst dann zum Stift greifen zu lassen. (Zeitzugabe nicht verges­sen! Restliche Klasse in dieser Zeitspanne still beschäftigen.)

Name: In der Grundschule schreiben die Schüler in der Regel nur ihre Vornamen auf Hefte oder Prüfungen. Es muss von Anfang an darauf geachtet werden, dass sie am Gymnasium stets Vor- und Familienna­men schreiben.

Die Rolle von „Naturwissenschaftliches Arbeiten“ (NA) für Biologie

vgl. auch: 5. Klasse Skript 4: Naturwissenschaftliches Arbeiten

Immer wieder verwendet der Biologieunterricht kumulativ Kenntnisse aus NA wie z. B. die Kalkwasserprobe auf Kohlenstoffdioxid und die Glimmspanprobe auf Sauerstoff bei der Untersuchung der Atemgase, evtl. die Salzsäureprobe auf Kalk bei der Untersuchung der Knochenmaterialien, die Iod- und Fettfleck-Probe bei der Untersuchung von Lebensmitteln, die Messung von Atem- bzw. Herzfrequenz in Ruhe und nach Belastung, das Teilchenmodell (erarbeitet in NA z. B. beim Lösevorgang) für den Gasaustausch in Lunge und Muskel sowie bei der Zellatmung usw. (Selbstveständlich werden in Biologie diese Vorgänge auf der Teilchen-Ebene erklärt, auch wenn sich die Formulierungen des LehrplanPLUS in Biologie – im Gegensatz zu NA – nur auf die Stoffebene beziehen.) Der LehrplanPLUS der sechsten Klasse verlangt die Betrachtung von „Stoffänderung als Um­­gruppierung von Atomen“ (Lernbereich 1.2.2). Deshalb ist es sinnvoll, bereits in der 5. Klasse die Begriffe Atom und Molekül in NA einzuführen und im Biologieunterricht zu verwenden. Bei entsprechend anschaulicher Visualisierung (z. B. mit Lego® Duplo®)und wiederhol­ter Verwendung funktioniert das erfahrungsgemäß problemlos.

Auch wenn die Biologie im G8-Lehrplan formal zum Schwerpunkt innerhalb des Faches „Natur und Technik“ degradiert wurde, sollten der Unterricht, das entsprechende Heft und die diesbe­züglichen Räume mit „Biologie“ benannt werden, nicht mit „Natur und Technik“. (Allenfalls kann es neben dem Biologiesaal noch einen Praktikums- oder NA-Saal geben). Die Trennung von NA und Biologie kann sich z. B. in der Verwendung von NA-Portfolio und Biologieheft ausdrücken. Anschließend an den Heimat- und Sachunterricht der Grundschule (HSU) sind Biologie und Geographie die ersten Naturwissenschaften, denen die Schüler begegnen. Physik und Chemie kommen später noch dazu.

Naturwissenschaftliches Arbeiten dient in erster Linie der Begegnung mit Phänomenen aus Natur und Technik, die von spielerisch bis wissenschaftspropädeutisch gehen kann. Viele Kinder machen heute zwar umfangreiche Erfahrungen mit elektronischen Medien, aber kaum noch mit „handfesten“ Materialien. Außerdem sollen die Schüler lernen, naturwissen­schaft­liche Vorgehensweisen kennenzulernen und darüber entsprechende Protokolle anzu­fertigen. Und schließlich dient der NA-Unterricht dem Verstehen und Interpretieren der Versuchs­ergebnisse. Somit liefert NA notwendi­ge Voraussetzungen für Biologie, Chemie und Physik (wie z. B. Teilchenmodell, Energie- und Stoffumwandlung, wissenschaftspropädeutisches Denken und Arbeiten), so dass NA nur von ausgebildeten Fachlehrkräften unterrichtet werden sollte (also nicht von Geographie- oder Kunstlehrern, die keine Naturwissenschaft studiert haben). Die enorme Bedeutung von NA und damit die enorme Verantwortung der Lehrkraft ist allerdings nicht allen Schulleitern voll­ständig bewusst. „Aber den Kindern macht es doch Spaß!“, ist kein sinnvolles Argument.

Übergreifende Aspekte des Biologieunterrichts in der fünften Klasse

In der 5. Jahrgangsstufe werden weit überdurchschnittlich viele fachinhaltliche und methodi­sche Grundlagen für die späteren Jahre gelegt. Der Anteil an Grundwissen (dieser Begriff umfasst selbstverständlich nicht nur Fachwissen, sondern auch die Kompetenzen) ist außergewöhn­lich hoch, gleichzeitig ist das Maß der didaktischen Reduktion hier am massivsten (einfache, tragfähige, nachhaltige und ausbaufähige Denkmodelle!), so dass die didaktische Herausfor­derung für die Lehr­kraft hier am größten ist.

Während des gesamten Schuljahres sind die Schüler stark gefordert, indem sie sich natur­wissen­schaftliche Kompetenzen und Fachinhalte mit (altersgemäß) hohem Niveau aneignen sollen. Deshalb ist die Biologie (ähnlich wie die Geographie) in der fünften Klasse ein wichtiges Indikatorfach, in dem viel früher als in Mathematik, Deutsch oder der Fremd­sprache sichtbar wird, wenn das Gymnasium für ein Kind den falschen Schultyp darstellt. Bei Auffälligkeiten deshalb sehr früh Rücksprache mit der Klassenleitung, dem Klassen­lehrerteam und mit den Eltern nehmen!

Bisweilen zeigt sich das Problem, dass rührige Grundschullehrkräfte „schon alles besprochen“ haben und manche Schüler überzeugt sind, „schon alles zu wissen“. Dieser Effekt tritt häufig in der Menschenkunde auf. Hier muss man den Schülern klar machen, dass das Gymnasium andere Maßstäbe setzt, indem beispielsweise die innere Logik stärker betont, ein Vergleich mit anderen Organismen angestellt oder ein Organ in einen größeren System-Zusammenhang gestellt wird. Während die Grundschule tendenziell darlegt, wie die Dinge beschaffen sind, geht das Gymnasium die Themen tendenziell problemorientiert an. Außer­dem gehen manche Grundschul-Lehrkräfte etwas zu großzügig mit natur­wissenschaftlicher Fachsprache um („Die Sonne zieht das Wasser an.“ – „Die Wolken bre­chen auf und lassen ihre Tropfen fallen“, also gleichsam die Wolke als Behälter für die Tröpfchen – Gleich­setzung der Begriffe Sauerstoff und Luft – Leitung von Licht oder Schall vom Sinnesorgan zum Gehirn). Am Ende der 5. Klasse sollte die Antwort auf die Frage nach dem Zweck des Atmens nicht mehr lauten: „damit wir leben können“, sondern eher „damit in der Zellatmung Zellenergie zur Verfügung gestellt werden kann“.

Es ist sehr schwer, die Schüler in den oft recht heterogenen Klassen nicht zu überfordern, aber auch nicht zu unterfordern. Bisweilen ist Binnendifferenzierung dringend nötig (z. B. mit frei­willigen Zusatzaufgaben für die „echten Gymnasiasten“), auch wenn sich dies nicht allzu oft von selbst anbietet. Um die Schüler im Biologie-Unterricht in sprachlicher Hinsicht nicht zu über­fordern, ist es sinnvoll, die Meinung des Deutschlehrers zu Texten für die Schülerhand (Arbeitsblätter, Prüfungsunterlagen) einzuholen.

Schriftliche Hausaufgaben sind in den sogenannten Nebenfächern wie Biologie nur gelegent­lich möglich. Am besten gibt man dafür eine ganze Woche Bearbeitungszeit, damit jedes Kind seinen individuellen Zeitplan erstellen kann. Auch kleine praktische Aufgaben sind möglich. Die Hausaufgaben müssen dann kontrolliert, besprochen, ggf. verbessert und ganz allgemein gewürdigt werden.

Auch der Biologie-Unterricht muss der allgemeinen Spracherziehung dienen: Sachverhalte darstellen: In der fünften Klasse unterscheiden die Schüler zwischen den drei aus der Grundschule be­kann­ten Grundformen schriftlicher Darstellung: Erzählen, Infor­mieren und Argumentieren. Beschreibungen werden in der 5. Jahrgangsstufe in Deutsch noch nicht verlangt. Der Biologie-Unterricht muss darauf Rücksicht nehmen, dass die Schüler noch nicht gelernt haben, Vorgänge oder – was noch schwieriger ist – Gegenstände und Bilder zu be­schreiben.

Beispiel: Praktikum Mikroskopie Zwiebelhäutchen mit Wortliste [word] [pdf]

Die Schüler sollen lernen, ihre Erkenntnisse selbst zu formulieren. So sollen sie immer wieder Vorschläge für die Formulierung des Hefteintrags machen (hierbei nicht zu viel erwarten!). Wenn ein Schülerbeitrag dem vorbereiteten Hefteintrag gleichwertig ist, ist es sinnvoll, ihn zu übernehmen, wenn nicht, ihn zu verbessern und dann zu übernehmen, denn das stärkt das Selbstbewusstsein des entsprechenden Schülers und motiviert zu weiterem Selbstformulieren. Für Übungen in der Basiskompetenz Kommunikation muss genügend Zeit eingeplant werden, da es den Schülern noch sehr schwer fällt, selbständig zu formulieren.  Es fehlen ihnen vor allem differenzierende Adjektive und Verben, aber oft auch sinnvolle Strategien des sprachlichen Aufbaus. Hier helfen Wortlisten und Wortgeländer (vgl. Methodenwerkzeuge von Josef Leisen!).

Die Rechtschreibung von allgemeinsprachlichen und fachspezifischen Begriffen muss aus­führlich bespro­chen und gesichert werden („Welche Rechtschreib-Fehler könnte man hier machen?“) und ist dann auch Prüfungsgegen­stand (z. B. bei Stegreifaufgaben einen Recht­schreibfehler im genau besproche­nen Fachbegriff mit 0,5 Fehlerpunkten ahnden; dies muss natürlich von Anfang an den Schülern klar mitgeteilt werden!). In schriftlichen Prüfungen und im Hefteintrag alle Deutsch­fehler korrigieren (Korrekturzeichen der Deutsch-Lehrkraft übernehmen). Bei jedem Fach­begriff sollte der Arti­kel (Fachbegriff der Grundschule: Beglei­ter) genannt und angeschrieben werden. Erfahrungs­ge­mäß haben mittler­weile auch viele deutsche Muttersprachler enorme Schwierigkeiten mit dem grammatikali­schen Geschlecht („der oder das Membran“, „der Wachstum“, „die Blatt­grün“, „der Eisen“). Der Lehrplan­PLUS verlangt – im Gegensatz zu seinem Vor­gänger – von den Grund­schülern wieder große Sicherheit in der Rechtschreibung. Diese Intention muss das Gymnasi­um weiter verfolgen.

Die lateinischen Bezeichnungen für die Wortarten werden in der Regel in der vierten Klasse Grundschule eingeführt und stehen den Schülern deshalb noch nicht immer sicher zur Ver­fügung. Deshalb in der fünften Klasse stets die deutsche und die lateinische Bezeichnung nennen (z. B. das Namenwort = das Nomen; der Begleiter = der Artikel, das Tunwort = das Verb, das Wiewort = das Adjek­tiv usw. => Mit der Deutsch-Lehrkraft abstimmen.)

Partner- und Gruppenarbeit sind sinnvolle Unterrichtsformen und sollten deshalb immer wie­der ein­geflochten werden, wenn sich der Unterrichtsstoff dafür eignet. Diese Phasen sollten aber kurz sein (z. B. 2-5 Minuten). Danach muss relativ viel Zeit (z. B. 10 Minuten) für Samm­lung, Auswertung und Sicherung eingeplant werden, wenn die schülerzentrierte Sozialform nicht zum Selbstzweck verkommen soll.

Diagrammdarstellungen werden bereits in der Grundschule verwendet. Der LehrplanPLUS Mathematik für die dritte und vierte Klasse schreibt vor, dass die Schüler Informationen be­gründet in geeignete Darstellungen übertragen können sollen, und schlägt (unverbindlich) dafür das Säulendiagramm vor. Säulendiagramme stellen in der Grundschule aber meist einen Vergleich von nur zwei oder drei Daten dar (z. B. Anzahl der Atemzüge in Ruhe und nach Anstren­gung), nicht aber eine größere Datenfülle. Wenn die Schüler selbst eine Messreihe erstellt haben (z. B. die steigende Temperatur beim Erhitzen von Wasser in Abhängigkeit von der Zeit des Erhitzens), lernen sie erst in der fünften Klasse, daraus auch ein umfangreicheres Säulen­diagramm selbst zu erstellen. Kreisdiagramme können sie in der Unterstufe nicht zeichnen, und lesen können sie sie nur, wenn sie maximal drei Werte darstellen. In normal lernfreudigen fünften Klassen kann man aus dem Säulendiagramm das Liniendiagramm entwickeln (sinnvollerweise aber nur bei Werten, die sich kontinuierlich ändern wie die steigende Temperatur beim Erhitzen von Wasser, aber nicht bei diskontinuierlichen Werten). Der Lehr­planPLUS der fünften Klasse in Geographie nennt als Kompetenz bei geographi­schen Arbeitstechniken (Lernbereich 1) das Anlegen von Tabellen, Säulen- und Balken­diagrammen. (Säulendiagramme enthalten vertikale, Balkendiagramme horizontale schmale Recht­ecke.)

In der fünften Klasse legen die Schüler zum ersten Mal Versuchsprotokolle an. Über die ge­naue Form sollten sich die Fachschaften Biologie, Chemie und Physik einigen. Der LehrplanPLUS formuliert im Lernbereich 1 von Natur und Technik: „Aufbau eines naturwissenschaft­lichen Protokolls“:

    • Titel
    • Aufbau und Durchführung
    • Beobachtung
    • Auswertung und Interpretation

Klassisch formuliert, aber inhaltlich gleich (die Formulierung in Form einer Fragestellung hilft Kindern, die mit dem Nominalstil noch nicht gut zurecht kommen):

    • F             Fragestellung / Hypothese / Thema (Worum geht’s?)
    • VA          Versuchsaufbau (Was haben wir? Was tun wir?)
    • B             Beobachtung (Was sehen wir? / „Ich beobachte, dass …)
    • E             Erklärung / Ergebnis (Was lernen wir daraus?)

Veranschaulichung: Viele Lerninhalte des Biologieunterrichts sind abstrakt bzw. im Alltag der Schüler nicht sichtbar. Sie müssen klar veranschaulicht werden, z. B. durch Modelle (dazu zählen auch Tafelapplikationen). Gleichzeitig dienen sie auch dem Kompetenztraining (vgl. Punkt 7 in Lernbereich 1 des LehrplanPLUS: Kennzeichen und Eigenschaften von materiellen Modellen) und stützen sprachlich schwächere Schüler, die mit gegenständli­chen Model­len hantieren kön­nen, ohne gleichzeitig verbalisieren zu müssen.

Der Hefteintrag soll möglichst plakativ gestaltet sein, um den Schüler bei der häuslichen Nachbereitung der Stunde zu unterstützen und ggf. seinen Eltern den Unterrichtsstoff klar zu umreißen. Je komplexer bzw. je abstrakter ein Lerninhalt ist, desto öfter muss er wiederholt bzw. in neuem Kontext angewendet werden (wie z. B. Teilchenmodell oder Oberflächenver­größerung). Zunächst sollten immer ganze Sätze formuliert werden, mit der Zeit sollten die Schüler an stichwortartige Einträge gewöhnt werden (der Übergang sollte explizit thematisiert werden).

Wenn Stunden in Parallelklassen gleichzeitig stattfinden, ist es sinnvoll, die Stoffverteilung über das Schuljahr unterschiedlich zu gestalten, damit man nicht um die Medien konkurriert (Augenmodell, Skelett usw.)

Auch über die Verwendung von Fachbegriffen sollte sich die Fachschaft einigen. Bei­spiels­weise ist der Begriff „Zellsaft“ nicht eindeutig, er kann den Inhalt der Zentralvacuole, aber auch das Zellplasma bedeuten. Was man leicht auf deutsch ausdrücken kann, sollte man auch deutsch bezeichnen (also „Zellkern“ und nicht Nucleus). Wo die Eindeutschung Fehl­vorstellungen hervorrufen kann („Zellhaut“ suggeriert keine hauchdünne, sondern eine derbe Schicht) oder wo sie schlecht klingt (wie „Blattgrünkörnchen“), ist es besser, das Fremdwort zu verwenden (die Zellmembran, der Chloroplast). Zehnjährige lernen Fremdwörter erstaun­lich gut und schnell, wenn man sich dafür Zeit lässt und die Begriffe regelmäßig wiederholt. (An vielen Stellen listet der LehrplanPLUS Fachbegriffe auf, die als verbindlich zu betrach­ten sind. Im Lernbereich 2 heißt es z. B. eindeutig „Zellplas­ma“ und nicht Zellsaft bzw. „Chlo­roplast“ und nicht Blattgrün­körnchen).

Die Schüler sind meist begierig auf neue Begriffe und haben in der Regel auch mit Fremd­wör­tern kaum Probleme, vor allem nicht, wenn alle gemeinsam über dumme Rechtschreib­fehler gelacht haben, die einem dabei unterlaufen könnten. Deshalb sollten biologische Fremdwör­ter durchaus schon in der fünften Klasse eingeführt werden, wenn sie später wieder ge­braucht werden (z. B. der Chloroplast), aber keine neuen Fachbegriffe, die nicht weiterfüh­ren (d. h. die später nicht kumulativ verwendet werden) wie z. B. die Namen der einzelnen Schä­del­knochen.

Die Fünftklässler verfügen noch nicht über einen tragfähigen Energiebegriff. Das Phänomen der Energieumwandlung (obligater Lerninhalt in NA) kann man ihnen dennoch nahe bringen, wenn man den verschiedenen Energiearten griffige Namen gibt wie elektrische Energie, Wärme-Energie, Bewegungs-Energie, chemische Energie (muss zwar in der Mittelstufe durch innere Energie ersetzt werden, ist aber plastischer und kindgerechter). Die Bezeichnungen sind für die Schüler viel klarer, wenn überall das Wort „Energie“ vorkommt (also nicht verkürzen zu „Wärme“). Als Synonym für ATP schlage ich den Begriff Zellenergie vor („Bioenergie“ klingt zu sehr nach Biogas):

Stoffumwandlung bei der Zellatmung:

Energieumwandlung bei der Zellatmung:

*) Ulrich Kattmann [Schüler besser verstehen: Alltagsvorstellungen im Biologieunterricht; Aulisverlag 2015] betont zwar, dass die exergonische Reaktion nicht ohne den Sauerstoff möglich ist und deshalb nicht von der hohen chemischen Energie im Traubenzucker gesprochen werden sollte, aber ich halte meine vereinfachte Formulierung für die Unterstufe trotzdem für sinnvoll.

Hinweis: Um Stoff- von Energie-Umwandlungen noch besser abzugrenzen und um klar zu zeigen, dass eine Energie-Umwandlung keine chemische Reaktion darstellt, ist es besser, bei Energie-Umwandlungen einen Schleifenpfeil zu verwenden (er kann auch verbalisiert werden mit „wird zu“, aber nie mit „reagiert zu“):

Ein typisches Didaktikproblem der Menschenkunde ist, dass zwischen den Organsystemen so enge und vielfältige Zusammenhänge bestehen, dass im ersten Halbjahr immer irgendwelche Voraussetzungen fehlen. Die Lösung besteht darin, mit einem Organsystem anzufangen, das mög­lichst wenige solcher Zusammenhänge aufweist (z. B. Bewegung oder Sinne), so dass vorerst keine Verknüp­fungen zu anderen Systemen nötig sind. Beim nächsten Organsystem kann dann schon die eine oder andere Verbindung zum ersten hergestellt werden usw. Je mehr Organsysteme schon besprochen sind, desto mehr Gelegenheiten für kumulatives Arbeiten ergeben sich.

Der NA-Unterricht sollte auf die Reihenfolge in Biologie abgestimmt sein: In Biologie benö­tigte chemische Nachweise, Verdauung von Stärke oder das Teilchenmodell sollten aus NA bereits bekannt sein, bevor sie in Biologie angewendet werden. Umgekehrt können im Rah­men von NA Versuche zu Phänomenen durchgeführt werden, die zuvor in Biologie bespro­chen worden sind wie z. B. die Messung von Atemfrequenz und Atemvolumen oder Versuche zum Reiz-Reaktions-Schema. Das ISB empfiehlt ausdrücklich eine solche Verschränkung der Inhalte von NA und Biologie.

Grundwissen: Zum Grundwissen zählen Fachbegriffe, fachliche Zusammenhänge und Fach-Kompetenzen. Ein konsequentes Grundwissen-Management sichert einen nachhaltigen Lern­erfolg und vermittelt den Schülern ein Gefühl der Sicherheit und macht ihnen klar, wozu sie lernen. Man verwendet das Grundwissen-Management, das in der Schule eingeführt ist bzw. hilft dabei mit, eines einzuführen bzw. das vorhandene zu verbessern. Beispielsweise wird Grund­wissen von Anfang an im Heft am Rand mit (farbigem) „GW“ gekennzeichnet, ggf. gibt es ein Grundwis­sen­heft bzw. GW-Blätter, die am besten auch auf der Webseite der Schu­le stehen. Bei münd­lichen und schriftlichen Prüfungen muss Grundwissen stets auch verlangt werden (GSO). Die Schü­ler verwenden ihr Grundwissen ausgesprochen gern und die Eltern sind sehr dankbar, wenn sie konkret wissen, was sie mit ihren Kindern zuhause wiederholen sollen.

Leistungsnachweise: In manchen Grundschulklassen werden keine Transferaufgaben einge-übt. Deshalb muss den Schülern im laufenden Unterricht sehr früh klar gemacht werden, was Transfer bedeutet, und dieser muss eingeübt werden. Man kann in den ersten Wochen eine Übungs-Stegreifaufgabe z. B. als Hausaufgabe (ohne Buch, Heft und Mama) schreiben las­sen, die man in der Folgestunde gemeinsam korrigiert. Darin muss eine nicht zu einfache Trans­fer-Aufgabe enthalten sein und es sollen möglichst verschiedene Aufgabenformate darin vorkom­men (wie Abbildung beschriften, freien Text formulieren, Fehlertext korrigieren usw.).

Link: Einführung von Operatoren („Aufgabenwörter“) mit Übungsaufgaben [word] [pdf]

Link: Übungs-Stegreifaufgabe zur Einführung dieses Prüfungsformats [word] [jpg] [pdf aus scan]

Auch die Tatsache, dass mündliche wie schriftliche Prüfungen nicht angesagt (auch nicht angedeutet!) werden, muss immer wieder betont werden, ebenso, dass stets über den Stoff der letzten beiden Stunden sowie Grundwissen geprüft wird. Das ist nicht allen Schülern bzw. Eltern klar. (Hinweis: Manche Schulen sind mittlerweile dazu übergegangen, alle Prüfungen vorher anzusagen.)

Auch in der fünften Klasse können benotete Referate gehalten werden. Die Randbedingungen dafür müssen vorher klar gestellt werden, am besten auch schriftlich, denn es gibt Grundschu­len, in denen es Gepflogenheit ist, dass der Schüler sein Referat ausschließlich für die Lehr­kraft durchführt, während der Rest der Klasse sich anderweitig beschäftigt (logisch, wenn alle Schüler das selbe Thema bekommen haben). Bedingungen sind z. B.: alle hören zu, 3-4 Minuten Dauer, frei sprechen mit Stichworten auf einem Spickzettel, mindestens 1 Medium zur Veranschaulichung, mit bzw. ohne Einbeziehung des Publikums usw. Sollen alle Mitglieder der Klasse ein Referat halten, ist der dafür nötige große Zeitbedarf bei der Jahres-Planung des Unterrichts zu berücksichtigen.

Unterrichtsstoff und Kompetenzen: Nur selten trifft der im Lehrplan vorgeschriebene Unter­richtsstoff das Interesse der Schüler so gut wie bei Biologie in der fünften Klasse. Man muss nur darauf achten, dass das Unterrichtsergebnis nicht zu kindlich bleibt (gymnasiales, nicht Grund­schul-Niveau!) und mehr Wert auf Erklä­run­gen (meist im Bereich Struktur-Funktion) gelegt wird als auf reines Faktenwissen (z. B. ist es sinn­voller, wenn die Schüler die Arbeit von Beuger und Strecker an mehreren Beispielen formu­lieren als wenn sie die konkre­ten Namen der jeweiligen Muskeln auswendig lernen).

Andererseits dürfen die Schüler nicht überfordert werden. Das abstrakte Denken beginnt in diesem Alter erst ganz zart zu sprießen. Je konkreter der Stoff ist, desto leichter begreifen ihn die Schü­ler. Sie lernen in der fünften Klasse zu kategorisieren, also Phänomene bestimmten „Schub­laden“ zuzuordnen. Lernbereich 1 gibt (v. a. im Vergleich mit der entsprechenden Stelle in der sechsten Klasse) wohl überlegte Formulierungen über sinnvolle Kompetenz­anforderungen bei Zehnjährigen vor. Was im Lehrplan nicht verlangt wird, sollte man auch nicht einfordern!